I. Geschichtliches

Ein Beispiel erfolgreicher Koexistenz überliefert uns die Gemeinde Weisweil, oder war es bereits der Beginn einer "frühen" Okumene?

Das Dorf wurde zwar im Zuge der Reformation im Jahre 1556 evangelisch durch die Zugehörigkeit zum Hachberger Land, teilte sich aber mit dem (katholischen) Kloster Tennenbach (Teil Vorderösterreichs) bis zur Säkularisation anno 1806 die sehr erfolgreiche Schafzucht in Weisweil (Harderer Hof).

Von 1556 bis 1806 lag die Weisweiler Gemarkung als konfessionell getrennte markgräfliche Insel inmitten des vorderösterreichischen "Auslandes", während umgekehrt das Kloster Tennenbach ein Inseldasein in der umgebenden markgräflichen Landschaft aufzuweisen hatte. Etliche solcher Kuriositäten bestanden über Jahrhunderte. Man lebte damit recht und schlecht und konnte sich arrangieren.

Nur als Beispiel in dieser Reihe sei erwähnt die sogenannte Kirchenbaupflicht der katholisch gebliebenen Klöster gegenüber den evangelischen Kirchen im markgräflich hachbergischen Land, wie die Kirchen in Mundingen (Wöpplinsberg) und Köndringen.

HIer musste für Neubauten und Reparaturen das Kloster Schuttern die Kosten tragen und zwar als Ausgleich für die Zehnt-Einnahmen aus dem Besitz der dem Kloster verbliebenen Liegenschaften.

Tennenbach ging nach Gründung des Landes Baden Anfang des 19. Jahrhunderts in der Besitz des neuen Staates über. Im Bereich der Vogtei Emmendingen versuchte nunmehr das Großherzoglich Badische Burgvogteyamt Teile des ihm zugefallenen Besitzes zu versteigern bzw. zu verkaufen.

Diese Veräußerungsabsichten wurden öffentlich bekannt gemacht, wie die beiden "Kaufanträge" aus den Jahren 1809/1810. Die nachstehenden Texte enthalten für die Heimatkundler interessante Details aus der vormaligen gemeinsamen Schafhaltung in Weisweil. Danach kam die "Waidgerechtigkeit" im größeren Stil, wie in der Vergangenheit ausgeübt, dann doch nicht zustande.

Sie wurde um Laufe des 19. Jahrhunderts eingestellt.

II. Großherzoglich-Badisches Oberrheinisches Provinzialblatt aus dem Jahre 1809 unter "Kaufanträge": 

Zu Weisweil
Dienstag, den 29. August 1809.

Das dem vormaligen Kloster Thennenbach zuständig gewesene s.g. Schaafhofgütlein bestehend aus einer alten Wohnung des Schäfers nebst Schaafstall. 5 1/3 Jchrt. gutes Ackerfeld und 6 Jchrt. Matten.

Die Hauptbedingnisse bey diesem Verkauf sind folgende:

1. Die Zahlung des Kaufschillings geschiehet nach eingelangter höchster Ratifikation, welche vorbehalten ist, baar, oder in 6 aufeinander folgenden mit 5 Prozent verzinslichen Jahresterminen, und ist der erste derselben baar abzuführen, die übrigen müssen jeweils wenigstens zu 1/2 in baarem Geld bestehen für die weitere 3/4 aber werden auf Verlangen bei der Großherzogl. Badischen Amortisationskasse Obligationen angenommen; wollte aber jemand blos mit Staatsobligationen Zahlungen leisten wollen, so bleibt demselben überlassen, desfalls ein Arangement mit der Großherzogl. Amortisationskasse zu treffen.

2. Bis zur gänzlichen Zahlung des Kaufschillings wird für die gnädigste Landesherrschaft das Eigenthumsrecht auf das Verkaufsobjekt vorbehalten.

3. Die veräusserten Domänen werden den gewöhnlichen Staatslasten gleich andern Privatgütern unterworfen.

4. Wird für das Gütermaas keine Gewährschaft geleistet.

Kauflustige werden zu diesen Versteigerungen mit dem Bemerken eingeladen, daß sich Fremde mit obrigkeitlichen Vermögenszeugnissen auszuweisen haben

Emmendingen, den 10. Juny 1809
Großherzogl. Badisches Burgvogteyamt.
Deimling.

III. Großherzoglich-Badisches Oberrheinisches Provinzialblatt aus dem Jahre 1810 unter "Kaufanträge":

Verkauf einer Schaafwaid-Gerechtigkeit.

Gemäß hohen Beschlußes vom 23. Dezember 1809 wird Montag, den 26. künftigen Monats Merz Vormittags zu Weisweil auf der gemeinen Stube salva ratificationen im Meistgebote verkauft und sich dabey in Ansehung der Bedingnisse nach dem Regierungsblatt Nro. 40 vom 26. November 1808 benommen werden:

Eine dem ehemaligen Kloster Tennenbach in dem Weisweiler Bann zugestandene, mit der Gemeinde Weisweil gemeinschaftliche Waidgerechtigkeit zu 300 Schaafen, unter den nämlichen Bedingungen, wie solche dem vormaligen Kloster Thenenbach zugestanden in öffentlicher Versteigerung hergelassen wird.

Kauflustige werden zu dieser Versteigerung mit dem Bemerken eingeladen, daß sich Fremde mit Obrigkeitlichen Vermögenszeugnissen auszuweisen haben.

Emmendingen, den 5. Februar 1810
Großherzogl. Badisches Burgvogteyamt
Deimling

 

Erstmals eröffentlicht im HachbergMosaik, Ausgabe Nr. 8, November 2019